Cointelegraph auf Deutsch stellt den wichtigsten Köpfen aus der DACH-Region sechs Fragen über die Krypto- und Blockchain-Branche und weicht zwischendurch vom Thema ab.
Unsere Fragen gehen diese Woche an Sofia Surma. Die gebürtige Südsteirerin war zunächst als Beraterin im Bereich Blockchain tätig und ist nun als Leiterin von Block&Wine, einem Veranstalter von speziellen Networking-Meetups für die Blockchain-Community, weiterhin in der Branche aktiv. Darüber hinaus hat die Expertin Vivalavula gegründet, einen Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, Vulva zu enttabuisieren, aber auch für Women Empowerment und Gendergerechtigkeit einzutreten.
Cointelegraph auf Deutsch: Sie kommen ursprünglich aus der Blockchain-Beratung und haben nebenbei einen feministischen Concept Store namens Vulva Shop gegründet. Passen Blockchain und Feminismus zusammen?
Sofia Surma: Ja, Blockchain ist ein Zukunftsthema und die Zukunft betrifft uns alle. Der digitale Wandel ist nicht nur ein technisches, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Thema. Wie sich unsere Welt aufgrund der Digitalisierung verändert und wie wir mit daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen umgehen, ist relevant für alle Geschlechter. Zugang, Beteiligung und Repräsentation sind für die fortschreitende Digitalisierung enorm wichtig. Dabei geht es nicht nur um Geschlecht, sondern auch Diversität, was Herkunft, Hautfarbe und Klasse betrifft. Denn Diskriminierungsformen wie Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Trans- und Homophobie gibt es auch im digitalen Raum. Dagegen gilt es als Feministin zu kämpfen – on- und offline.
CT: Wie reagieren die Leute, wenn Sie ihnen erzählen, dass Sie in der Blockchain-Szene aktiv sind?
Sofia Surma: Meistens sehr interessiert. Erstaunte Blicke bekomme ich tatsächlich öfter wegen Vulva Shop.
CT: Leider herrscht in der deutschsprachigen Blockchain-Branche ein Überschuss an Männern – was glauben Sie, woran das liegt?
Sofia Surma: Das ist ein strukturelles Problem, das mit Stereotypen zusammenhängt. Es herrscht leider noch immer die Vorstellung, dass Logik, Zahlen und Technik Männerthemen oder Stärken seien. Von klein auf werden Kinder daher oft unterschiedlich gefördert. Das geschieht meist gar nicht mit böser Absicht, sondern ist ein Resultat des sogenannten „unconscious bias“. Das sind unbewusste Denkmuster und Geschlechterrollen, die erlernt und tief verwurzelt sind. Diese Vorurteile lassen sich nicht einfach so ablegen. Sich ihnen bewusst zu sein, ist aber ein erster wichtiger Schritt.
Außerdem gibt es leider immer noch zu wenige Vorbilder und Sichtbarkeit für Frauen in der IT- und Blockchain-Branche: “Only if you can see her, you can be her.”
CT: Bei neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz oder Blockchain ist es auch wichtig, hinter die Kulissen zu schauen: Wer schreibt den Code, wer entscheidet, wer sitzt mit am Tisch? Fehlt Ihrer Meinung nach die weibliche Perspektive in diesen Bereichen und wo genau?
Sofia Surma: Natürlich gibt es hier Diskriminierungspotential. Es ist gefährlich zu behaupten, Programme und Software wären ausschließlich faktenbasiert, objektiv und neutral. Sei es durch ausgewählte Trainingsdaten oder implizite Regeln und Mechanismen: Wenn wir kein Auge darauf haben, werden bereits vorherrschende Verzerrungen und Diskriminierungen übernommen und im schlechtesten Fall noch verstärkt.
CT: Wie können Blockchain und Krypto zum sozialen Wandel beitragen?
Sofia Surma: Ich glaube, Blockchain und Krypto bieten viele Möglichkeiten, positiv zur Gesellschaft beizutragen: Vertrauen, Transparenz, Inklusion, Eigentumsschaft und Datenschutz. Damit kann man viel bewirken.
CT: Welches Problem könnte Ihrer Meinung nach mit Blockchain gelöst werden, wurde aber noch nicht in Angriff genommen?
Sofia Surma: Women Empowerment und Web3 zu verknüpfen, liegt mir persönlich sehr am Herzen. Mehr Frauen zu incentivieren, Blockchain-Verständnis zu entwickeln, könnte ein Game-Changer für viele Bereiche sein. Hier arbeiten wir gerade mit Vulva Shop an unserem ersten Web3-Projekt, das sich mit gesellschaftlichen Tabus beschäftigt.
